Erstaunlicherweise bin ich heute Morgen muskelkaterfrei. Kaum zu glauben. Also hat sich die ganze Mühe mit Nahrungsergänzungsmitteln, Salben und Training tatsächlich gelohnt.
Aus Moab, wo ich die letzten beiden Nächte verbracht habe, geht es in Richtung Bryce Canyon. Bevor es losgeht, will ich noch den Wagen durch die Waschanlage schicken. Langsam tut der rote Staub auf der grünen Lackierung auch den Augen weh. Für schlappe 2 Dollar kannst Du hier das Auto komplett in einer Self-Wash-Anlage reinigen. Absofort fahren ich nur noch hier zum Autowaschen hin.
Sauber, es geht sauber weiter. Erst über die Interstate 70, wo man zwar schneller fahren kann, dafür aber auch nichts geboten bekommt. Man ist mitten im Nirgendwo, sogar die nächste Tankstelle kommt erst nach 106 Meilen. Hier ist man echt verloren, wenn man nicht genug getankt hat, oder aus irgendwelchen Gründen nicht mehr weiterfahren kann. Auf der Landstraße 30 Meilen weiter, ändert sich die Situation leider auch nicht wesentlich. Die Straße geht weit geradeaus, eine gerade Linie in der Landschaft, eigentlich könnte man ein Nickerchen machen, das Lenkrad festgebunden oder so.
Währenddessen wechseln sich entlang der Straße die Landschaften von flach in etwas hügelig und dann felsig, und dann wieder flach. Mir kommt der Gedanke, ich bin fast überzeugt, das die Amis nicht auf dem Mond waren. Niemals. Zumindest nicht am 20. Juli im Jahre 1969. Die Bilder müssen genau hier entstanden sein. So siehts wohl auch auf dem Mond aus.
Nach 3 Stunden Fahrt wird die Landschaft etwas interessanter, es geht durch den Capitol Reef National Park.
Über den Highway 12, eine der schönsten Panoramastrassen der Welt geht es vom Capitol Reef NP Richtung Bryce Canyon. Dort durchfahre ich auf wenigen Meilen 4 Jahreszeiten. Es beginnt mit Temperaturen um die 30 Grad und Sonnenschein. Je höher es geht, desto kälter wird es. Es beginnt zu regnen. Irgendwann auf der Höhe von 3200 Metern beträgt die Temperatur nur noch knapp 8 Grad und es liegen Reste von Hagel am Straßenrand. Die Landschaft auf diesem Stück ähnelt der im Schwarzwald, mir begegnen Rehe am Straßenrand und Kühe auf der Wiese und die stehen auch mitten auf der Strasse. Hier sind noch echte Cowboys ansässig, alle paar Meilen sieht man Trailer mit provisorisch eingezäunten Pferdeweiden.
Als der Weg wieder nach unten führt, wird es wieder wärmer und die Sonne kommt zwischen den Wolken durch. Die Strecke weiter unten in der Nähe von Escalante ist eine echte Erlebnisstrecke. Kurvig, rechts und links wechseln sich Felswände und tiefe Abgründe ab. Atemberaubende Ausblicke auf das Grand Staircase Escalante NMT. Eine schöne, wenn auch eine nicht ungefährliche (Motorrad)-Straße. Diese Straße führt auf direktem Wege zum Bryce Canyon. Ich übernachte heute unmittelbar am Bryce Canyon, also erstmal einchecken und Koffer abstellen, und wärmere Klamotten anziehen. Es regnet leicht, und es sind grad mal 20 Grad. Krasser Unterschied zu den letzten Tagen. Der Bryce Canyon liegt aber auch auf gut 2600m.
Der erste Blick in den Canyon haut Dich fast um, so unerwartet schön ist dieser Canyon. Eigentlich ist es gar kein Canyon, sondern ein natürliches Amphitheater, die Abbruchkante des Paunsaugunt-Plateaus. Auch wenn ich heute nicht so viel Glück mit der Sonne habe (es hat mittlerweile aufgehört zu nieseln, aber es ist immer noch bedeckt, und wird es auch bleiben), sind die Felsenformationen mit Abstand die schönsten von allen, die ich bisher gesehen habe. So filigran die Formen, dass man denken könnte, sie sind von der Menschenhand geschnitzt worden. So beeindruckend wie der Grand Canyon in seiner unfassbaren Weite und Tiefe, so grossartig der Bryce Canyon in seiner Feinheit, Form- und Farbenvielfalt. Ein eindrucksvolles Meisterwerk der Natur. Unzählige Felsnadeln, Hoodoos genannt, bilden die Form eines Amphitheaters, das ich heute nur vom Rande betrachte.
Eine Wanderung am Rand des Amphitheater führt mich an den vielen Aussichtspunkten entlang. Ich hab schon Angst, das mich im Arches NP ein japanischer Virus erwischt hat, ich schiesse gefühlte Millionen von Bildern. Gut, das ich meine Trekkingsachen angezogen habe. Es weht ein stetiger Wind, und wie oft oder fast immer … der National Geographic Fotorucksack UND das Stativ erwecken einen extrem professionellen Eindruck, und ich bekomme fast überall Platz um das Stativ aufzubauen und Bilder zu machen. Das hat was.
Morgen soll es unbedingt in den Canyon gehen, die Strapazen nehm ich gerne in Kauf. Ist vorerst die letzte Wanderung, aber hier muss man runtergehen und das mal von unten betrachten. Hoffentlich bleibt es nur trocken.
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