Der erste Blick aus dem Fenster heute Morgen verheisst nichts gutes, es ist trüb und es nieselt.
Es hilft leider nichts, heute geht’s weiter. Als ich das Motelzimmer verlasse, ist es erstaunlich trocken (es war doch nur eine halbe Stunde) und die Sonne kämpft sich durch. Also nichts wie los und starten. Ich will in den Bryce klettern.
Im Bryce Canyon stehen insgesamt 13 Trails unterschiedlicher Ausprägung zur Auswahl. Ich entscheide mich für eine Kombination aus zweien, die an den schönsten Felsformationen entlangführt, und laut Guide “World’s best 3-mile hike!” heisst.
Und das ist er, wahrhaftig. Innerhalb von gut 3 Stunden wander ich gut 5 km, überwinde dabei ca. 200 m Höhendifferenz. Das Ganze auf ca. 2500 m Höhe. Die Wanderung ist wie erwartet so beeindruckend, dass man die körperliche Anstrengungen kaum wahrnimmt. Es sind gerade mal 15 Grad, und es fühlt sich frisch an, überhaupt kein Vergleich zum Aufstieg zur “Delicate Arch” vorgestern. Unten im Canyon erwartet mich ein üppiges Waldstück, welches man von oben nicht unbedingt als solches erkennt. Es sind hauptsächlich Nadelbäume, die dort unglaublicherweise ihre Wurzeln in den Felsen geschlagen haben. Von hier unten ist der Blick auf die Felsen so ganz anders als von oben. Die Felsnadeln erscheinen heute in ganz vielen Rottönen von der Sonne angestrahlt.
An vielen Stellen stehen abgebrannte Bäume. Hier unten wurde vor einigen Jahren ein kontrollierter Brand gelegt, um den Baumbestand auszudünnen, weil man der Meinung war, dass sie die Optik des Canyons nachteilig beeinflussen. Schade für die Bäume. Aber irgendwie typisch für Amerika. Zum einen verlangen sie zu recht, das die Parks sauber gehalten werden (“Don’t leave fingerprints, take only photos“), andererseits greifen sie dermassen massiv in die Natur ein, nur um dem Besucher einen schönen Blick zu ermöglichen. Nunja…
Oben wieder angekommen, fahre ich noch mal zu einem der Aussichtspunkte, weil heute ganz andere Lichtverhältnisse vorherrschen als gestern. Es ist mal wieder unbeschreiblich schön. Ob sich je jemals jemand alle Bilder die ich hier mache, anschaut? (Nachtrag zu gestern: … hab keine Veränderungen an den Augen feststellen können.)
Ich kann mich wirklich nur sehr schwer trennen, breche aber gegen halb eins in Richtung Zion National Park auf .
Der Zion National Park ist eine Art Slot Canyon. Also wieder Felsen die von einem Fluss durchschnitten werden. Die Entstehung dieser Felsen hat einen typischen Verlauf, also Witterung, Wasser, und Pflanzen tragen zum natürlichen “Verfall” eines Plateaus bei. Die schönsten Bilder dieses Parks entstehen in den so genannten Narrows, das sind Flüsse die von den engen Felswänden eingeschlossen sind. Auch im Zion NP gibt es einige dieser Stellen, wo der Virgin River enge Schluchten durchfließt. Leider bin ich für diese Wanderungen überhaupt nicht ausgerüstet, denn sie finden zu 60% im Wasser statt: watend, gehend und schwimmend.
Auf den Scenic Drive, der durch die Felsen im Park führt, verzichten ich. In den Sommermonaten ist der Weg für Privatfahrten gesperrt, es herrscht nur Shuttle-Verkehr. Der Besucherandrang ist heute extrem hoch. Es ist Wochenende, am Montag ist hier Feiertag, also sind gerade solche Parks beliebter Ausflugsort für Familien und Naturbegeisterte. Außerdem herrschen hier wieder Temperaturen jenseits von Gut und Böse, weit über 30 Grad, und es ist deutlich schwüler. Ich steige kurz am Visitor Center aus, und bin mir sicher, ich will mir das nicht antun, hab jetzt genug diese Felsen gesehen. Den Zeitvorsprung will ich ausnutzen, und fahre 40 Meilen weiter bis St. George.
St. George … ich bin wieder zurück in der “Zivilisation”. In einer schönen amerikanischen Kleinstadt. Hoffentlich hab ich heute mehr Glück mit der Internetanbindung als in den letzten Tagen, und kann die fehlenden Bilder nachladen.
Ich esse bei “Panda Express”, einem Chinesen, und mein Glückskeks sagt mir: “Soon you will be sitting on top of the world”. Hmmm… muss ich wohl mal eine Reise ins Himalaya planen.
Morgen Abend bin ich in Las Vegas und freu mich drauf.
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