Also … ich nicht meinen, aber sie ihren. Oder:
Super Bowl, Yoko, ein Finger und mal wieder diese Doppelmoral.
Der Super Bowl 2012 ist fast Geschichte. Fast. Denn drei kleine, oder doch große (?), Aufreger machen die Zeit danach noch mal lustig. Dabei kann man dann wahlweise herzhaft laut lachen, mit hochgezogenen Augenbrauen schmunzeln, nur den Kopf schütteln oder sich mit offenem Mund wundern. Geht, hab ich ausprobiert, auch alles vier zusammen. Und alles hat mit dem Super Bowl zu tun. Zumindest in diesem Artikel.
Kurz zum Spiel: Die Giants haben nach einer sehr guten Leistung in einem überaus spannenden Super Bowl zu Recht gewonnen. In der ersten Halbzeit haben die New England Patriots den Ball fast gar nicht in Besitz gehabt, obwohl sie dann doch zur Halbzeit mit einem Punkt führten. Die Leistung der Offensive der Giants war grandios, die ersten Punkte im Spiel wurden aber von der Defense der Giants erzielt. Gleich beim ersten Ballbesitz der Patriots musste Tom Brady einen Saftey hinnehmen. Sehr ungewöhnlich für einen Spieler seiner Klasse, aber sehr zur Freude der Fans.
Kurz mal den Saftey einfach erklärt: Ein Ziel beim Football ist es, den Ball in vier Versuchen über eine Distanz von 10 Yard zu bekommen, um das Recht zu erhalten, weitere vier Versuche für die nächsten 10 Yards zu erhalten. Dazu stellen sich die beiden Teams gegenüber auf und das Team, das den Ball in Besitz hat, muss den Ball zu erst zurück nach hinten spielen, um dann nach vorne zu kommen. Jaha. So logisch kann Ballsport sein. Der Ball wird zu 99,9% zum Quarterback gespielt. Das ist dieser große, meist recht gut aussehende, schweineviel Geld verdienende Star des Teams, der das Spiel aufzieht und für die Verteilung der Bälle verantwortlich ist. (Na, und jetzt kennt ihr auch den Grund, warum ich kein Quarterback bin: Ich verdiene nicht so schweineviel Geld.) Damit das Team und gewisse Spieler, die Receiver, weit genug laufen können um diese 10 Yard zu überbrücken, macht der Quarterback in der Regel ein paar Schritte nach hinten, um sich weiteren Platz zu verschaffen. Das gegnerische Team versucht derweil die Receiver zu decken und irgendwie zum Quarterback durchzudringen. Das ergibt dann dieses wilde Menschenknäul, was ihr vielleicht schon mal gesehen habt. Ab und und an schafft es denn dann auch einer der Verteidiger der anderen Mannschaft bis zum Quarterback durchzudringen und ihn zu Boden zu zwingen. Das ist dann ein so genannter Sack und der Versuch den Ball über 10 Yard zu bringen endet dann an der Stelle, wo der Quarterback auf die Knie gegangen ist. Da wir aufgepasst haben und der Quarterback ja ‘nen bisschen nach hinten gegangen ist, wissen wir jetzt also, dass der nächste Versuch die 10 Yard zu überwinden nicht mehr 10 Yard sind, sondern 13, 14 oder 15 Yard. Logisch, oder? So, da dieser große, meist recht gut aussehende, schweineviel Geld verdienende Quarterback das natürlich weiß, versucht er irgendwie den Ball loszuwerden, bevor ihn ein Verteidiger der gegnerischen Mannschaft erreicht. Jetzt könnte man ja meinen, dass er den Ball ja einfach nur wegwerfen brauch, und schon ist er ihn los. Nö, nö, nö, so einfach ist das dann auch nicht, weil sonst könnt’ ich das auch. Der große, meist recht gut aussehende, schweineviel Geld verdienende Quarterback muss den Ball zumindest in die Nähe eines Mitspielers werfen. Tut er das nicht, wird das als “Feigheit vor der Verteidigung” gewertet und heißt schlicht und ergreifend “Intentional Grounding” und ist auch so was wie ein Sack und nicht gut für das Team das in Ballbesitz ist. Denn, passiert das Ganze wie im Super Bowl Tom Brady in der Endzone, wird das als Saftey gewertet und ergibt zwei Punkte für den Gegner, in diesem Fall für die Giants. Weiterhin wird das Ganze als Fehler des Quarterback gewertet. Um so erstaunlicher war es, dass das am Sonntag Tom Brady passierte. Einem der besten Quarterback der NFL. Es gibt “Untersuchungen” dass Tom Brady, wenn er den Ball hat und unter Druck steht (und vier Verteidiger, alle um die 2 Meter groß und mindestens 130 kg schwer, die auf Dich zukommen würd’ ich mal als absoluten Druck bezeichnen) den Ball in ca. einer Sekunde zu einem seiner Passempfänger auf den Weg schickt. Soweit kurz was zum Saftey, damit das auch jeder Mal gehört und verstanden hat.
Die zweite Halbzeit war gleich spannend, mit einigen Fehlern auf Seiten der Passempfänger der New England Patriots, die heute noch für gewisse Aufregung sorgen. Dazu aber gleich mehr. Keine der beiden Teams konnte einen wirklich beruhigenden Vorsprung herausspielen, und so ging es mit 15 (Giants) : 17 (Patriots) in die letzten zwei Minuten des Spiels. Dort gelang Eli Manning ein Pass, der noch in Jahren gezeigt werden wird. Bin ich mir sicher. Der Pass ergab ein neues First Down, und 57 Sekunden vor Schluss der Partie gelang es den Giants einen (und wie wir jetzt wissen, den entscheidenden) Touchdown zum 21:17 zu erzielen. Mit 57 Sekunden auf der Uhr kamen die New England Patriots noch mal in Ballbesitz. Und 57 Sekunden können im Football eine Ewigkeit sein. Sie waren zumindest sehr lang und höchst spannend. 3 Sekunden vor Schluss gab es noch einen langen Pass von Tom Brady in die Endzone der Giants, der aber erfolgreich abgewehrt werden konnte. Incomplete. Spiel zu Ende. Giants Super Bowl Gewinner 2012. Eli Manning zum zweiten Mal in seiner Karriere Super Bowl MVP. Herzlichen Glückwunsch.
Soweit zum Spiel. Wie in “Alles Super, oder was?” geschrieben, geht es beim Super Bowl nicht nur um Football, sondern im hohem Maße auch um die Werbungen und um die Halftime Show. Und da gab’s dann auch die weiteren Aufreger. Weitere Aufreger? Ach so, ja, über den ersten hab ich ja noch gar nichts geschrieben.
Es geht um Yoko. Nicht Ono. Sondern Bündchen. Die aber natürlich Gisele heißt. Und die Frau von Tom Brady ist. Die hat sich etwas unmodelhaft verhalten, und die Mitspieler ihres Mannes, im wesentlichen die Receiver, etwas heftiger beschimpft.
Das haben viele Late Night Shows und Radiosender, die hier wesentlich bissiger sind, zum Anlass genommen, Gisele Bündchen in Yoko Bündchen umzutaufen. Auf CBS Radio, welches ich morgens höre, gibt es schon eine Miniserie: “Yoko Bündchen says…“. Absolut lustig, und in einigen Medien waren so Sprüche zu lesen wie: “Gisele: Überlass das Football spielen Deinem Mann.” Funny. Sehr funny.
Das also der Hintergrund zu Yoko. Zurück zu den Werbungen. Die ich, bis auf ein paar Ausnahmen, durchweg gut fand. An und für sich nichts wildes und (eigentlich) auch nichts dramatisches. Die E-Trade Werbung war wie gewohnt gut und lustig, hat mich aber nicht so vom Hocker gehauen. Die “Detroit-Werbung” mit Clint Eastwood wird gerade als politisches Statement der wahlkampfführenden Parteien angesehen und ist vielleicht mal einen eigenen Artikel wert. Ich fand sie nur sehr patriotisch und Clint bekommt auch ohne Zigarillo im Mundwinkel den Mund beim sprechen kaum auf. Interessant.
Die Werbungen und das Spiel wurden nur noch durch die Halftime Show unterbrochen, wo diesmal eine ältere Frau versucht hat, nach alten Hits zu singen und zu tanzen. Das war auch der einzige Zeitpunkt am Sonntag Abend, wo ich nach draußen gegangen bin um frische Luft zu schnappen. Hätte ich das mal nicht gemacht. So habe ich nämlich den zweiten Aufreger, eigentlich mehr schon einen erschütternden Skandal, verpasst: Eine der Backgroundsängerinnen, die zusammen mit der älteren Frau aufgetreten sind, hat doch glatt den Mittelfinger gezeigt. Nein! – Doch! – Ohh! Ich musste selbst hier im Video zwei mal hinschauen, um es mitzubekommen. CBS, die NFL und hundert andere wichtige Leute haben sich natürlich gleich wortreich für diese Entgleisung entschuldigt und es als “completely inappropriate and very disappointing” bezeichnet. Hm. Zweimal Hm. Hm, ich befürchte, Enimen wird nie die Halftime Show machen dürfen. Und ein weiteres Hm: 1993 hat sich meines Wissens niemand dafür entschuldigt, dass sich dieser Künstler x-mal in den Schritt gegriffen hat. Komisch.
Und da ist sie wieder: Die Doppelmoral. Endlich. Und dann auch der dritte große Aufreger rund um den Super Bowl. Na, eine Schüssel ist ja auch rund und der Kreis dieses Artikels wird sich auch gleich mit dem dritten Aufreger schliessen. Und in dem Aufreger geht es um einige Werbungen und entsetze Eltern. Die sind wirklich geschockt. Hier in den Staaten gibt es eine Vereinigung, die nennt sich Parents Television Council. Und die “wacht” über Fernsehinhalte. Also: Kein Sex und keine Offensive Speech. Wie ich das sehe, hab ich hier ja schon mal was zu geschrieben. Diese PTC ist also über einige Werbungen geschockt, die während des Super Bowls gezeigt wurden. So sagt das PTC, dass einige Werbungen “eindeutiges Material für die Zuschauer” enthalten hat und fragt im nächsten Satz: “Wie erkläre ich meinen Kindern, dass ein Fußballstar in Unterhosen rumläuft?“.
Im Nachhinein bin ich auch dann auch etwas geschockt: Warum hat Victoria die Werbung nicht gemacht?
Hier mal die beiden Werbungen. Einmal David in H&M Unterwäsche.
Und zum anderen Adriana Lima, die sich anzieht.
Na? Geschockt? Darüber regen sich die Eltern auf. Das ist eindeutiges Material. Die Werbung mit Adriana Lima wird mit “hypersexualized” beschrieben. Hm, welcher Sechs- oder Siebenjährige macht sich “eindeutige” Gedanken, wenn er sieht wie sich eine Frau anzieht? (Ok, dass ich nicht in den Schlaf gekommen bin steht auf einem ganz anderen Blatt Papier.) Sind diese Werbungen wirklich so schlimm? Moralisch verwerflich? Kinder “leiden” darunter, weil David Beckham (zum Glück) Unterwäsche trägt und eine Frau sich anzieht? Wirklich? Ernsthaft?
Worauf ich hinaus will: Es gibt Eltern, die regen sich wirklich darüber auf, halten ihren Kindern erschrocken die Augen zu und verlassen wohlmöglich den Raum oder einen Kinofilm, wenn es zu viel nackte Haut gibt oder Offensive Speech. Im Umkehrschluss lassen sie ihre Kinder aber ohne Probleme den Super Bowl und Football im allgemeinen schauen. Und halten ihnen nicht die Augen zu oder verlassen mit ihnen den Raum, wenn es sehr hässliche Spielszenen gibt, die dann während der Übertragung eine Spiels noch zig mal in Ultrazeitlupe wiederholt werden. Und das ist dann ok für die Kids? Ja, Football ist eine sehr körperbetonte Sportart in der es heftig zur Sache geht. Aber es gibt nun mal auch Szenen, die möchte keiner sehen, wie zum Beispiel Helmet-to-Helmet Attacken. Hier mal zwei Beispiele, wie gefährlich das meines Erachtens ist:
So, und jetzt wollen mir die Eltern von Klein Joe erzählen, dass er unter Umständen beim nächsten Spiel der Little League nicht mal ausprobiert, was sein großes Vorbild Junta Robinson ihm vormacht? Und mal mit dem Kopf in Klein Jim rennt? Wirklich? Beckham in Unterwäsche lässt Klein Joe nicht einschlafen und seine Eltern können es ihm nicht erklären? (Wobei ich vermute, er hätte nicht mal nach einer Erklärung gefragt). Aber das nach seinem Tackle Klein Jim im Rollstuhl sitzt, ist ok? Wirklich? Ernsthaft?
Vermutlich lassen sie die Kinder lieber Gewalt sehen als dass sie auch nur vor der Ehe an Sex denken könnten…
Diese ganze christliche Antisex Scheiße ist kein Stück besser als die Mullahs im Islam, die jede Frau aus eben dem gleichen Grund unter einem Stück SToff verstecken wollen.